22.5.09

6. Nürnberger Autorentreffen

Fabersaal, in einer Vortragspause

Auch in diesem Jahr gab es wieder an Himmelfahrt das Nürnberger Autorentreffen im Fabersaal im Gewerbemuseum. Da es bereits mein drittes Treffen war, kannte ich die Räumlichkeiten schon. Und auch diesmal standen drei Vorträge auf dem Programm.

Edith Kneifl trägt vor

Als erstes las die Wiener Krimiautorin Edith Kneifl, die einstmals Psychologie studiert hat. Ihr Vortrag "Detektive der Seele - warum Hercule Poirot und Miss Marple ledig sind" betrachtete Krimi-Detektive aus der Sicht der Freudschen Psychoanalyse im Zusammenhang mit der sog. "Urszene". Laut ihrer Deutung entspringt der Spass am Aufklären eines Verbrechens dem Bedürfnis des kleinen Kindes, die Bedeutung des Verkehrs seiner Eltern zu verstehen. Außerdem gab Edith Kneifl einige Erfahrungen und Anekdoten aus ihrer langen Karriere als Autorin zum Besten. Insgesamt hat der Vortrag mir einige Unterschiede zwischen amerikanischen und europäischen Krimis einerseits und modernen und älteren Krimis andererseits aufgezeigt. Andererseits halte ich nichts von der Freudschen Psychoanalyse, da Freud von Annahmen ausgeht, die ich für fragwürdig halte. Trotzdem empfand ich den Vortrag als Bereicherung.

Marientorzwinger

Das Mittagessen gab es im Marientorzwinger, direkt neben dem Gewerbemuseum. Das Essen dort war wie jedes Jahr sehr gut. Ich hatte Kässpätzle - lecker!

Titus Müller während seines Vortrags

Den zweiten Vortrag hielt Titus Müller zum Thema "Vom Rohtext zum Roman". Titus zeigte darin auf, dass ein Roman harte Arbeit bedeutet, und dass im Normalfall kaum ein Wort vom ersten Entwurf einer Szene sich in der Endversion wiederfindet.

Dazu gab Titus jede Menge Tipps zur Ausgestaltung einer Szene. Bei Dialogen etwa ist es wichtig, dass sie sich wirklich "gesprochen anfühlen" und nicht wie Schriftsprache wirken. Ebenso ist es wichtig, bei Schilderungen konkret zu werden. Titus brachte das gute Beispiel "Ein Hund bellte mich an" vs. "Eine Bulldogge bellte mich an". Die Bulldogge kann sich der Leser sofort vorstellen, "Hund" dagegen ist zu abstrakt, zu allgemein (ein "Hund" kann alles mögliche sein vom Chihuahua bis zum Bernhardiner). Ebenso schlecht ist der übermäßige Einsatz von Adjektiven (wobei ich mich nun frage, was Titus wohl zu den Werken H.P. Lovecrafts sagen würde). Ein weiteres Thema sind Wiederholungen, seien es Wort- oder Konstruktionswiederholungen (letzteres ist etwa der Fall, wenn vier Sätze am Stück mit "Er.." beginnen).

Außerdem sollte man sich laut Titus fragen, ob die Szene ausführlich genug geschildert ist (witzig, das Problem hatte ich nie :) , ich neige zu überbordenden detailreichen Beschreibungen alla Tolkien).

Insgesamt war Titus' Vortrag wieder einmal derjenige, der mir am meisten geholfen hat.

Roland Rosenbauer

Der nächste Vortrag kam von Roland Rosenbauer, den ich vorher schon als SF-Autor kannte. Hier erfuhr ich, dass er im Hauptberuf Radiomoderator beim Funkhaus Nürnberg ist. Roland Rosenbauer referierte über das Verfassen von Texten fürs Radio. Hierbei ist einiges zu beachten. Ein guter Lesetext ist unter Umständen fürs Radio völlig ungeeignet, weil die Sätze zu lang sind und dadurch die Zuhörer überfordern. Bei Radiotexten gelten sogar einige Dinge als positiv, die bei geschriebenen Texten absolute "Nos" sind, etwa die Wiederholung von Begriffen wie etwa "Der Bundesrat". In einem Schreibtext würde man variieren: "Die Länderkammmer", "Die Vertretung der Länder" usw. Ein Zuhörer im Radio wäre mit solchen Variationen überfordert.

Barfüßer, Nürnberg

Abend waren wir dann im "Barfüßer" in Nürnberg, eine bekannte Lokalbrauerei mit einer angeschlossenen traditionellen Gaststätte. Dort hatte ich eine leckere lokale Spezialität:

Saure Zipfel

Saure Zipfel. Das sind kleine Rostbratwürste, die in Essig gekocht werden. Sehr lecker!

Im Gespräch am Tisch lernte ich übrigens von einer Teilnehmerin einen neuen Begriff: Systemsprung. Laut der deutschen Wikipedia liegt ein Systemsprung dannn vor, wenn ein Text realistisch beginnt und dann ins phantastische wechselt und umgekehrt. Beispiele dafür sind "Alice im Wunderland" und die Serie "Buffy". Auch mein Romanprojekt enthält einen solchen Systemsprung.

Danach gab es noch ein paar Lesungen von Teilnehmern, beschränkt auf acht Minuten. Als besonders gelungen ist mir davon eine "umgeschriebene" Rotkäppchen-Version im Gedächtnis geblieben.

Insgesamt hat sich auch dieses Autorentreffen für mich gelohnt. An dieser Stelle nochmals ein Dank an Ursula Schmid-Spreer für ihre hervorragende Arbeit, ohne die es dieses wunderbare Treffen nicht gäbe. Ich komme 2010 wieder!

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23.5.08

Autorentreffen 2008

Vor etwa zwei Stunden kam ich zurück vom Nürnberger Autorentreffen 2008, das wie in den fünf Jahren zuvor von der Federwelt und Ursula Schmid-Spreer, organisiert wurde.

Auch diesmal gab es wieder drei Seminare.

Den Anfang machte Harald M. Landgraf, der bereits seit 1969 Heftromane verfasst, derzeit für den Martin Kelter Verlag. Nun bin ich selbst Abonnent einer Heftroman-Serie, und ich gebe auch noch die FanEdition der PRFZ heraus, also interessierte mich der Vortrag von daher. Allerdings hat sich Harald M. Landgraf immer in anderen Heftromanbereichen bewegt: Liebesromane, Arztromane, Heimatromane. Dies sind Genres, mit denen ich wenig bis gar nichts anfangen kann. Immerhin habe ich dabei einige Regeln des Heftromans gelernt, wie etwa, dass man auf keinen Fall "in epischer Breite" schreiben soll. Nun bin ich aber ein massiver "Episch-Schreiber" und schildere gerne viele Details (alla Karl May und J.R.R. Tolkien), so dass Heftromane als Genre für mich nicht in Frage kommen.

Der zweite Vortrag von Titus Müller war näher an meiner Arbeit. Das Thema lautete "Geburt eines Romans". Anfangs trug Titus widersprüchliche Thesen vor, ob der Plot oder die Figuren eines Romans beim Erstellen im Mittelpunkt stehen sollten. Danach kamen einige gute Tipps. Etwa der, dass es oft gut sei, zwei Ideenkerne zu einem Roman zu kombinieren, also einen Roman nicht auf einer Idee alleine aufzubauen. Wichtig sei auch, dass der Autor sich hinter seine Geschichte stellt, nicht davor. Dazu gehört auch, dass mman als Autor dem Leser eine Aussage nicht aufdrängt.

Ein paar nützliche Tipps fürs "Plotten" (von Romanen) gab Titus mit auf den Weg:
* Aus welcher Sicht ist eine Szene am emotionalsten? Sprich: wenn mehrere Charaktere in einer Szene auftreten, sie aus der Sicht desjenigen schildern, der sie am emotionalsten sieht.
* Die Sicht des/der Antagonisten sollte nicht vergessen werden
* Der Held wird am Höhepunkt mit seiner Schwäche konfrontiert
* Was wäre das Schlimmste, wdas meinen Figuren passieren könnte? (das habe ich in meinem Romanentwurf schon berücksichtigt :) )
* fünf Tage sind besser als fünf Jahre (sprich: ein Roman sollte nicht zu große Zeiträume umfassen). Hier bin ich anderer Auffassung und verweise auf den "Herrn der Ringe"
* nimm nicht die erstbeste, sondern die größte Idee (das habe ich auch schon befolgt)
* Figuren sollten aktiv handeln. Passive Figuren ermüden den Leser
* eine Perspektive pro Szene, nicht mitten in der Szene "durch die Köpfe springen"

Titus würzte seinen Vortrag mit vielen Zitaten. Zwei möchte ich hier bringen. Das erste von Anton Tschechow:
Wer nichts will, auf nichts hofft, und nichts fürchtet, der kann kein Künstler sein
Das sehe ich ähnlich. Als zweites etwas Poetisches von William Blake:
Wessen Äußeres kein Licht gibt, der soll niemals ein Stern werden
Recht hat er! Ein Autor sollte den Mut haben, zu strahlen.

Als drittes trug Sabine Franke, Lektorin des Mitteldeutschen Verlages, als Vertretung für den erkrankten Max Dorner vor über das Thema Verlagsarbeit und Lektorat. Sie sprach u.a. über das Spannungsfeld, in dem der Lektor steckt: zwischen Autor, Grafiker (fürs Titelbild), Verleger, Kritiker etc. Witzig fand ich einen Satz, über den sie mal beim Lektorieren stolperte:
An der Gabelung gehen [oder gingen] sie geradeaus
und geradewegs in den Wald hinein, möchte man da ergänzen :)

Insgesamt waren es drei hervorragende Seminare. Die Organisation des Treffens war auch rund, alles klappte sehr gut. Daher an dieser Stelle nochmals meinen Dank an Ursula Schmid-Spreer, die Federwelt und an die drei Vortragenden!

Ich denke, dass ich durch dieses Treffen einige gute Ideen und Erkenntnisse für meien Arbeit gewonnen habe. Daher gibt es 2009 für mich nur eins: "I'll be back"

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