24.9.09

Koalitionsdogmatik und Bundestagswahl

Laut einem Telepolis-Artikel beklagte Verfassungsrechtler Hans Herbert von Arnim, dass man am Sonntag in puncto Kanzler keine Wahl habe:
Ja, selbst die Regierung kann man jetzt, am 27. September - jedenfalls die Kanzlerin - ja gar nicht wirklich wählen. Wenn sie mit Westerwelle zusammen nicht die Mehrheit bekommt, ja, dann macht sie eine Große Koalition mit Steinmeier. In beiden Fällen bleibt Angela Merkel Kanzlerin. Und das ist, meines Erachtens, das große Problem: Der Kern der Demokratie besteht darin, dass man schlechte Regierungen, wenn die Wähler sie für schlecht halten, wieder abwählen kann. Das kann man in diesem Fall eben nicht.
Die von von Arnim beklagte Situation ist tatsächlich real. Entstanden ist sie meiner Meinung nach durch die aktuelle Koalitionsdogmatik. So schlossen am Wochenende die Grünen (wenig überraschend) die Jamaika-Koalition aus, und die FDP ihrerseits schaltete die Ampel ab. Die SPD wiederum hat schon vor Wochen erklärt, auf keinen Fall mit der Linkspartei koalieren zu wollen. Dadurch bleiben als realistische Optionen nur noch Schwarz-Gelb und Schwarz-Rot übrig. Rot-Grün halte ich derzeit für absolut ausgeschlossen mangels "SPD-Masse", Schwarz-Grün gibt es zwar in Hamburg, auf Bundesebene halte ich es aber für wenig realistisch. Besonders böse finde ich, dass diesmal unter Umständen die Überhangmandate den Ausschlag geben könnten, was im übrigen schon einmal Thema dieses Weblogs war.

Derzeit stehen die Zeichen auf eine Koalition, die die beiden Beteiligten offiziell gar nicht mehr haben wollen: Schwarz-Rot. Bereits am sogenannten "Duell" zwischen Merkel und Steinmeier (das viele passenderweise als "Duett" titulierten) war festzustellen, dass es wohl bei CDU und SPD einige gibt, die sich in der Großen Koalition häuslich eingerichtet haben, auch wenn sie nach außen hin anders tun. Insofern befürchte ich quasi "österreichische Verhältnisse": es wird neu gewählt, und die Regierung ist wieder schwarz-rot. Mich graust es davor; andererseits ist schwarz-gelb auch kein Lichtblick aus meiner Sicht. Beruhigend ist höchstens, dass keine der beiden Varianten eine Zweidrittelmehrheit mehr haben wird. Das ist gut so, wenn man sieht, wie insbesondere Herr Schäuble über die Grundrechte denkt....

Die einzige Möglichkeit, an der derzeitigen Politik grundlegend etwas zu ändern (insbesondere was die Achtung der Grundrechte betrifft), ist es, eine ganz neue Partei ins Spiel - genauer: in den Bundestag - zu bringen. Daran habe ich bereits gearbeitet; ich habe bereits vorgestern meine Stimme abgegeben. Arrr!

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23.8.09

Wahltaktik statt Stimme für Piraten?

Heute morgen beim gemeinsamen Frühstück nach einer Hochzeitsfeier gab es eine kurze Diskussion über die Piratenpartei. Dabei kam auch zur Sprache, dass die Stimmen für die Piratenpartei voraussichtlich der SPD und den Grünen fehlen werden. Somit könnte eine Stimme für die Piratenpartei indirekt eine CDU-FDP-Koalition fördern. Sollte man unter diesen Umständen nicht lieber auf eine Stimme für die Piratenpartei verzichten?

In einem Weblogeintrag hat Mela eine gute Antwort auf diese Frage gefunden. Vereinfacht zusamemngefasst: wer hier taktieren will, der geht - bewußt oder unbewußt - von der Annahme aus, Rot-Grün würde es besser machen. Die Praxis sieht anders aus. SPD und Grüne haben von 1998 bis 2005 Einschnitte in Grundrechte vorgenommen (Randbemerkung meinerseits: und Hartz IV eingeführt). Schwarz-Rot hat beides nahtlos fortgesetzt, ja die Mißachtung der Grundrechte sogar massiv verschärft (Stichwort: Stasi 2.0 - wobei ich mich frage, ob wir nicht schon längst bei Version 2.1 oder gar 3.0 sind).

Mela folgert daraus:
Der einzige Weg tatsächlich etwas zu erreichen, ist eine neue Partei im Spiel zu etablieren, die es hoffentlich schafft endlich Transparenz ins marode und korrrumpierte System zu bringen bevor sie selbst korrumpiert wird. Ob es nun durch die Piratenpartei selbst geschieht, oder durch die etablierten Parteien, weil diese (zu Recht) vor ihr Angst haben müssen, ist im Endeffekt gleichgültig.

Wie Mela kann auch ich es nicht mehr verantworten, mein Kreuz bei Parteien zu machen, die die Grundrechte mit Füßen treten. Taktisches Rot- oder Grün-Wählen scheidet für mich somit bei der nächsten Bundestagswahl aus.

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