10.4.10

Rechtsanwalt verklagt Verlag wegen Romannebenfigur mit ähnlichem Namen

Eigentlich wollte ich auf der Website des KBV-Verlags nach neuen Regionalromanen suchen. Als erstes sprang mir jedoch eine Pressemeldung ins Auge:
Ein nicht mehr praktizierender Rechtsanwalt aus Esslingen hat unseren Verlag auf Schadenersatz verklagt. Er behauptet in einem Roman unseres Autors Klaus Wanninger eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts zu erkennen, weil darin ein Jurist ähnlichen Namens vorkomme.
Die vom dem Anwalt geforderte Schadenssumme für "seinen" Kurzauftritt beläuft sich auf sage und schreibe 30.000 EUR (in Worten: dreißigtausend Euro!).

Zum Detail führt der KBV-Verlag aus:
Auch unser geschätzter Autor Klaus Wanninger, im nichtliterarischen Leben Religionslehrer, weist den Vorwurf aufs Schärfste zurück und widerlegt ihn in einer ausführlichen Stellungnahme.

So werde die Figur ausschließlich in einem einzigen Kapitel erwähnt. Sie werde nicht weiter beschrieben, auch gebe es keinerlei Zuordnung zu einer bestimmten Stadt. Die Namensähnlichkeit sei Zufall: "Ich kann als Schriftsteller nicht sämtliche Listen in Baden-Württemberg und Deutschland praktizierender Anwälte überprüfen, um Namensähnlichkeit oder -gleichheit zu vermeiden. Hinzu kommt, dass mein Roman 2006 geschrieben und veröffentlicht wurde, der Kläger nach eigenem Bekunden aber nur bis Dezember 2000 als Rechtsanwalt tätig war."

Im gesamten Raum Stuttgart-Esslingen, darauf weist interessanterweise der Kläger selbst hin, wird außerdem in keiner Telefonliste eine Person mit der im Buch verwendeten Schreibweise des Namens aufgeführt. Andererseits sei der ähnlich klingende Name des Klägers in der Region recht häufig und, sagt Wanninger, dürfe daher als "typisch schwäbischer Name gelten".
Meiner Meinung nach ist die Klage völlig gegenstandslos. Die Parallelen zwischen dem Kläger und der Romanfigur - eine absolute Nebenfigur - beschränken sich auf den Beruf, eine Ähnlichkeit des Namens sowie die Region, in der sie wohnen. Wie der Kläger hieraus eine Verletzung von Persönlichkeitsrechten ableiten will, ist mir völlig schleierhaft - mehr noch: es kommt mir völlig absurd vor.

Ich hoffe, dass das Landgericht Stuttgart, das für die Klage zuständig ist, sie als absurd erkennt und abweist. Sollte der Kläger damit durchkommen, dann müßte in Zukunft jeder Autor bei jedem Roman alle Nebenfiguren überprüfen, ob es zufällig irgendwo eine lebende Person ähnlichen Namens gibt. Oder alle Nebenfiguren würden Müllermeierschulz heißen.

Ansonsten kann ich Klaus Wanninger nur empfehlen, im Falle einer Niederlage bis zum Bundesverfassungsgericht zu gehen. Spätestens dort sollte der Spuk enden.

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