26.7.06

Der Fall "Esra" geht uns alle an

Im Juni 2005 wurde der Roman "Esra" von Maxim Biller durch ein Urteil des Bundesgerichtshofes endgültig verboten. Grund war eine Klage der ehemaligen Lebensgefährtin Billers, die durch gewisse Passagen des Romans ihre Persönlichkeitsrechte verletzt sah, da teilweise sehr intime Details wiedergegeben worden waren. Als Konsequenz daraus wurde "Esra" aus allen Buchhandlungen und Bibliotheken entfernt.

Das ist für einen Autor bereits schlimm genug. Aber nun kommt es noch dicker: Billers Ex-Lebensgefährtin hat eine zivilrechtliche Schadenersatzklage eingereicht, mit einer exorbitanten Summe. Laut einer Meldung der FAZ ist von 100.000 ? die Rede.

Ich kenne "Esra" nicht, habe das Buch nie gelesen. Ich kann rein menschlich auch verstehen, dass man nicht will, dass Details aus dem Intimleben bekannt werden. Aber trotzdem hoffe ich, dass die Klage nicht durchkommt. Ein Sieg der Klägerin hätte weitreichende Folgen für jeden Romanautor:
?Es wäre der Ruin der Literatur, es wäre der Bankrott der Kunstfreiheit, wenn künftig jeder, der sich in einem Werk der Fiktion wiederzuerkennen glaubte, auf Schadenersatz klagte. Statt Lektoren wären Anwälte die ersten Gegenleser, statt um Qualität ginge es nur noch um Unangreifbarkeit. Wer ein Buch veröffentlichte, riskierte den Ruin.?
(Quelle: FAZ). Eine andere Konsequenz wäre, dass jeder Autor vor seinen Roman groteske Disclaimer setzen müßte alla: "Die Handlung dieses Romans ist frei erfunden. Jede Ähnlichkeit mit lebenden oder verstorbenen Personen und/oder Ereignissen wäre rein zufällig." Satirische Seitenhiebe wie das "Büchernörgele" in Michael Endes Roman "Der satanarchäolügenialkohöllische Wunschpunsch" wären höchstens bei Personen der Zeitgeschichte machbar.

Laut Literaturwelt-Blog hat die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung einen Aufruf publiziert, den bereits über hundert Künstler unterzeichnet haben. Ich kann jedem Künstler nur empfehlen, den Aufruf mit zu unterzeichnen. Leider ist kein Link bekannt, der zu dem Aufruf führt.