Massenanzeigen werden zum EigentorSeit einiger Zeit sucht die Firma Logistep im Auftrag des Spieleherstellers Zuzzex in P2P-Netzwerken nach Downloads von Zuzzex-Spielen und zeigt die betreffenden User bei der Staatsanwaltschaft Karlsruhe an. Dabei ist sie sehr fleißig: inzwischen sind über 20.000 Anzeigen aufgelaufen, meldet
heise.de. Bei einer solchen Anzeigenflut befürchtet die Staatsanwaltschaft Karlsruhe (und andere Staatsanwaltschaften), dass sie bald nicht mehr arbeitsfähig sein werden. Alleine die Karlsruher rechnen mit mindestens sechs Monaten, bis alle Anzeigen abgearbeitet sind.
Aber mögliche Hilfe ist in Sicht. Das Justizministerium arbeitet derzeit an einer Novelle, in der u.a. ein Bagatellvorbehalt ins Gesetz eingebaut werden soll. Nachdem Justizministerin Brigitte Zypries (die übrigens inzwischen direkt gewählte Abgeordnete meines Wahlkreises, Darmstadt, ist) voraussichtlich auch in der großen Koalition ihr Amt behalten wird, besteht Hoffnung, dass diese Klausel auch Eingang in die Gesetzgebung findet. Natürlich sind die Computerspielehersteller und die Filmwirtschaft anderer Meinung und jaulen daher laut auf mit Formulierungen wie "potenziell milliardenfacher Diebstahl".
Ich bin der Ansicht, dass eine Bagatellklausel längst überfällig ist. Ich sehe hier eine Parallele zum Kaufhausdiebstahl. Prinzipiell ist Diebstahl verboten (und das ist gut so!). Aber trotzdem würde es keinen Sinn machen, bei jedem Jugendlichen, der einmal eine Packung Kaugummi geklaut hat, gleich ein Strafverfahren zu eröffnen; da könnte die Staatsanwaltschaft gleich dichtmachen (bei Wiederholungstätern ist das natürlich anders). Analog sehe ich keinen Sinn darin, jeden, der einmal ein Lied oder einen Film kopiert hat, gleich zum "Verbrecher" zu stempeln. Experten empfehlen, erst bei Leuten, die 1000 Lieder oder mehr offerieren, mit der Strafverfolgung zu beginnen. Das macht Sinn.
Übrigens könnte ich beim Diebstahl eines Kaugummis auch von "potenziell milliardenfachem Diebstahl" reden, wenn ich polemisch sein wollte. :-)