15.9.05

Prozeß wegen "Ehrenmord" beginnt

Gestern hat der Prozeß über die Ermordung einer Deutschtürkin in Berlin (über das Verbrechen hatte ich bereits indirekt berichtet) begonnen. Er begann damit, dass der jüngste Bruder alle Schuld auf sich nahm - wobei das Gericht dieses Geständnis skeptisch bewertet, da nach Ansicht der Staatsanwaltschaft auch die anderen beiden Brüder der Ermordeten in die Tat verwickelt sind (aber dies festzustellen, ist Aufgabe des Gerichts).

Worum es mir geht, ist etwas anderes. Bei allem Verständnis für andere Kulturen und die damit verbundenen anderen Vorstellungen von Ethik: ein Mord aus "Familienehre" ist grundsätzlich nicht tolerierbar. Wobei ich denke, dass die allermeisten Moslems das in diesem Fall so sehen wie ich.

2 Kommentare:

Anonymous Anonym meinte...

Ich bezweifle mal, dass das die allermeisten Moslems so sehen. Vielleicht die allermeisten hier in Deutschland, aber bestimmt nich in der Türkei, wo ein Großteil der Moslems auf dem Land leben (nicht vergleichbar mit dem modernen Istanbuler) und sich noch strikt an den Koran (und seine Auslegungen!) halten.
Deshalb bin ich auch ein Gegner davon, dass die Türkei (jetzt schon!!!) in die EU aufgenommen wird.
Elli

1:41 PM  
Blogger Martin meinte...

Hi Elli,
diese "Ehren"-Morde haben nichts mit dem Koran zu tun, aber sehr viel mit einer stramm partriarchaischen bäuerlichen Kultur. In ihrem "angestammten" Umfeld sind diese "Ehren-" und "Blutrache"-Affären übrigens kein großes Problem, sehr wohl da, wo Angehörige dieser hyper-patriarchalischen Kultur "entwurzelt" sind. Das soll nichts entschuldigen, denn hinter dem sturen Beharren auf einem blutigen "Ehrenkodex" steckt eine ähnliche Verblendung wie die des Nazi-Prolls, der zwar gesellschaftlich "ganz unten" ist, aber als "Arier" das "Recht" zu haben glaubt, "Untermenschen" platt zu machen. Nicht von ungefähr sind die meisten Opfer der "Ehren"-Morde Frauen, die mit der fremden Umgebung viel besser zurecht kommen, als ihre Brüder und Väter. Schlimmer noch, sie machen vielleicht sogar Karriere - und zerstören damit die tröstliche Lebenslüge, ein Türke aus Ostanatolien hätte in Deutschland schon deshalb keine Chance, auf einen grünen Zweig zu kommen, weil er Türke aus Ostanatolien ist. Das ist das wahre "Verbrechen" vieler dieser Frauen: mehr Erfolg als ihre männlichen Verwandten zu haben.

Mit der EU-Reife der Türkei als Staat hat das alles nichts zu tun. Schließlich kennt das türkische Strafrecht keine "mildernden Umstände" für "Ehrenmörder". (Im Unterschied zum Recht vieler arabischer Staaten.)

7:43 PM  

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