5.6.05

Erbschaften und ALG II

Im Law Blog gibt es eine Diskussion, ob ein ALG II-Empfänger (Sozialhilfeempfänger) ein Erbe ausschlagen darf, obwohl er von dem Erbe einige Monate oder gar Jahre leben könnte und somit die Staatskasse entlasten würde. Die zitierten Gerichtsentscheidungen zu dem Thema sind genau gegensätzlich.

Ich bin der Meinung, dass auch ein ALG II-Empfänger diese Freiheit haben sollte. Denn im Prinzip kann auch ein Erbe, das nominell aus einem riesigen Vermögen besteht, "vergiftet" sein. Beispiel: die Erbmasse enthält ein Grundstück, auf dem in den Sechziger und Siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts ein schwermetallverarbeitender Betrieb stand. Nominell kann das Grundstück sehr wertvoll sein, aber wer weiß, welche Altlasten im Boden schlummern? Sicher könnte man das durch geeignete Untersuchungen herausfinden, aber solche Untersuchungen kosten mehrere tausend Euro, und welcher ALG II-Empfänger hat die schon? Oder: das Erbe besteht aus einer Menge Geld. Man nimmt an, aber plötzlich tauchen in der Erbmasse irgendwelchen uralten Kreditverträge auf, von Krediten, die im nächsten Jahr oder beim Tode des Kreditnehmers fällig werden. Dann hat man zwar nominell eine Menge Geld geerbt, aber die Gläubiger werden nicht auf sich warten lassen.

In beiden Fällen kann ich gut verstehen, dass auch ein ALG II-Empfänger ein solches Erbe nicht haben möchte. Daher sollte es auch einem ALG II-Empfänger freigestellt sein, ein Erbe auszuschlagen. Was ich mir vorstellen könnte, ist, dass bei ALG II-Empfängern in solchen Fällen das Erbe zur Hälfte oder gar ganz an den Staat fällt (aber dann bekäme der Staat eventuelle Erbfolgen (Altlastensanierung, Gläubiger, s.o.) ab). Ob der Staat das anstrebt? ;-)