30.6.05

Auflösung des Bundestages: ja oder nein?

Seit Schröder überraschend Neuwahlen angekündigt hat und dazu den Artikel 68 GG nutzen will, ist in Deutschland eine Debatte entbrannt, ob Bundespräsident Köhler dabei mitspielen soll, sprich: ob er den Bundestag auflösen soll oder nicht. Anfang der Woche haben zwei SPIEGEL-Redakteure diese Frage klar mit "NEIN" beantwortet.

Heute hat der Münsteraner Professor Möllers eine Gegenrede veröffentlicht. Er argumentiert dabei im Kern wie folgt:
Wir sind ein Land von Legalisten, wir stehen vor roten Ampeln, wenn kein Auto kommt, wir fühlen uns wohl, wenn wir uns an die Regeln halten dürfen - und warum nicht? Aber ist das Grundgesetz eine Norm wie jede andere? Sind die Antworten des Grundgesetzes so eindeutig wie diejenigen der Straßenverkehrsordnung? Und ist es völlig gleichgültig, dass die Verfassung nicht den Straßenverkehr regelt, sondern einen politischen, einen demokratischen Prozess?

Abraham Lincoln verdanken wie die Feststellung, die Amerikanische Verfassung sei "ein Laiendokument, kein Juristenvertrag": Die Verfassung ist für uns alle da, wir sind für sie verantwortlich. Was wir, das Volk, wollen, auch ob wir wählen wollen, spielt bei Ihrer Auslegung eine Rolle, zumal wenn demokratisch gewählte Repräsentanten dies so sehen.

Als Pragmatiker schließe ich mich hier Herrn Möllers an. Das Grundgesetz ist keine Straßenverkehrsordnung. Wobei ich noch rein pragmatisch die Alternative zu Neuwahlen betrachte. Diese sähe so aus: eine rot-grüne Regierung, die immer wieder vom linken Flügel angegriffen wird, schleppt sich mit Hängen und Würgen bis zur nächsten regulären Wahl. Damit ist, denke ich, niemandem gedient.